Als Mitarbeiter eine digitalen Langzeitarchivs ist man Kummer gewohnt und weiß, dass man oft dicke Bretter bohren muss, um Institutionen davon zu überzeugen, dass bestimmte digitale Objekte langzeit gesichert werden sollten.
Besonders schlecht steht es dabei um sogenannte born-digitals, originär digitale Objekte, die bei Verlust unwiederbringlich verloren sind.
Ein fatalistischer Ansatz ist es, "wenn es für die Nachwelt verloren gegangen ist, dann ist es so". Die darwinistische Erweiterung davon lautet "wenn es für die Nachwelt verloren gegangen ist, war es nicht wertvoll genug".
Was bedeutet also "dieses Objekt ist wertvoll"?
Diese Frage ist nicht nur aus versicherungstechnischer Sicht interessant, sondern könnte argumentativ helfen, die Berechtigung für digitale Langzeitarchivierung zu untermauern und Prozessentscheidungen zu versachlichen.
Wie bestimmt man den Wert von etwas, von dem man erst weiß, dass es gebraucht wird, wenn es nicht zugreifbar ist?
Wiederbeschaffung
Für die Wertermittlung gibt es verschiedene Ansätze. Einer wäre der, für die Kosten einer "Wiederbeschaffung". Für Retrodigitalisate würde dies den Kosten entsprechen, die für eine erneute Digitalisierung entstehen würden. Wenn Bücher im Regal fehlen, dann für wie viel Aufwand man für die Beschaffung ausgeben müsste.
Für unbekannte Dateiformate wären dies die Kosten, die für die Analyse des Dateiformates entstehen würden. In dem Zusammenhang bekommt man manchmal die Aussage zu hören: "Im Zweifel setzen wir da einen Doktorrand dran, der das für ein halbes Jahr untersucht".
Im Fall des Siebeck-Nachlass hatten wir es mit Disketten für eine Panasonic-Schreibmaschine zu tun. Diese zu interpretieren erfordert mindestens die Beschaffung einer solchen Schreibmaschine, die zur Zeit in den einschlägigen Portalen nicht zu bekommen ist. Für das reverse-engineering des Datenformates müsste man sicherlich auch nochmal ein halbes Jahr ansetzen.
Nicht entstandene Werke
Ein anderer Ansatz wäre zu ermitteln, wieviele Arbeiten aufgrund des Verlustes nicht zu dem Objekt entstanden sind. Sprich, man schaut sich an, wieviele Artikel, Forschungsarbeiten etc., sich mit einem digitalen Objekt beschäftigen. Gäbe es dieses Objekt nicht, gäbe es auch die darauf aufbauenden Arbeiten nicht.
Wert als reziproke Funktion der Häufigkeit
Aus den vorherigen Überlegungen ergibt sich, dass ein Objekt um so wertvoller ist, desto seltener es ist. Dabei ist "selten" Ausdruck von fehlender Redundanz.
Wenn ein Buch in einer Auflage von 10.000 Stück mal 10€ gekostet hat, und jetzt nur noch 2 Exemplare existieren, kann man dann
10€/2 * 10000 = 50000€
rechnen?
Aussicht
Hmmm. Sind diese Ansätze sinnvoll? So richtig nicht. In der Praxis würde man sich vielleicht typische Vertreter bestimmter Objekttypgruppen herausziehen und einen Wert bestimmen.
Wie auch immer, wenn jemand eine Idee hat, wie man es besser machen könnte, immer her damit!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen